Es wird Zeit, nach­hal­tiges Wirt­schaften als gesell­schaft­lich exis­tenz­si­chernd zu verstehen.“

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Carolin Morlock, Team­lei­tung der Grün­dungs­of­fen­sive der Hoch­schule für Gestal­tung Schwä­bisch Gmünd

Die Grün­dungs­of­fen­sive der Hoch­schule für Gestal­tung Schwä­bisch Gmünd (goHfG) wird über das EXIST-Programm Poten­tiale Heben“ des Bundes­wirt­schafts­mi­nis­te­riums seit Juni 2020 für vier Jahre finan­ziert. Ziel ist es, eine Grün­dungs­kultur an der HfG zu entwi­ckeln und Studie­rende für das Thema Grün­dung zu sensi­bi­li­sieren. Carolin Morlock ist syste­mi­sche Beraterin/​Coach und ist als Team­lei­tung für die Konzep­tion und Umset­zung aller goHfG-Projekt­maß­nahmen verantwortlich.

Frau Morlock, welche Rolle spielen Hoch­schulen, und speziell Ihre Hoch­schule, bei der Moti­va­tion und Ausbil­dung von Gründungsinteressierten?

An der Hoch­schule für Gestal­tung und in den Studie­renden schlum­mert ein erheb­li­ches Grün­dungs­po­ten­tial, was sich insbe­son­dere in inno­va­tiven und markt­nahen Projekten in den Semes­ter­aus­stel­lungen zeigt. Die goHfG bietet ein umfas­sendes Angebot zur Ermu­ti­gung, Sensi­bi­li­sie­rung, syste­ma­ti­schen Bildung, Vernet­zung und Förde­rung auf allen Stufen des Entschei­dungs­pro­zesses und Phasen einer jungen Gründung.

Die Dynamik, Diver­sität und Krea­ti­vität in der Kultur- und Krea­tiv­wirt­schaft führt zu einigen Spezi­fika, die Cultural/​Creative Entre­pre­neur­ship von anderen Formen des Entre­pre­neur­ship unter­scheiden: Durch den Fokus auf Design herrscht eher eine Menta­lität, in der betriebs­wirt­schaft­li­ches Denken und Handeln als nicht ausrei­chend sinn­stif­tend erlebt wird; die Grün­dung wird häufig für die Selbst­ver­wirk­li­chung eines krea­tiven Life­styles oder zu konkreten Lösungen für Ziel­gruppen verfolgt, Profit- und Wachs­tums­ziele sind diesem unter­ge­ordnet; Krea­tive sind häufig am Anfang ressour­cen­be­schränkt; das infor­melle Netz­werk spielt eine zentrale Rolle als Orga­ni­sa­ti­ons­form. Viele Grün­dungen sind projekt­ba­siert. Zudem agieren Cultural/​Creative Entre­pre­neu­rinnen und Entre­pre­neure meist in einem hybriden Feld zwischen öffent­li­cher (Kultur-)Förderung und privat­recht­li­cher Betriebs­füh­rung, wobei die Persön­lich­keit das wert­vollste Vermögen des Unter­neh­mens ist.

Wie tragen Sie dazu bei, das Grün­dungs­ge­schehen zu beleben? 

Die Entschei­dung für eine Grün­dung ist von ganz persön­li­chen Lebens­zielen, von der aktu­ellen Lebens­phase und vor allem von der eigenen Selbst­wirk­sam­keits­er­fah­rung abhängig, daher legen wir in der Förde­rung der Persön­lich­keits­ent­wick­lung der Studie­renden durch Bera­tungen und Grup­pen­coa­chings das Funda­ment für eine nach­hal­tige unter­neh­me­ri­sche Haltung und quali­fi­zieren syste­ma­tisch mit betriebs­wirt­schaft­li­chen Themen in Lehr­for­maten und Veran­stal­tungen. Weitere Ermu­ti­gung die eigenen Projekte Rich­tung Grün­dungs­reife weiter­zu­ent­wi­ckeln erhalten die Studie­renden durch externe Scouts und Mento­rinnen und Mentoren, welche im Scou­ting-Dialog während der Semes­ter­aus­stel­lung ihre Exper­tise oder eigene Grün­dungs­er­fah­rungen einbringen. Vernet­zungs­im­pulse HfG-intern und in das regio­nale Grün­dungs­öko­system werden darüber hinaus in jeder Veran­stal­tung gesetzt, um das Finden von grün­dungs­in­ter­es­sierten poten­ti­ellen Team­mit­glie­dern zu erleich­tern. Die an der HfG entste­hende Grün­dungs­kultur wird durch Erfah­rungs­be­richte sichtbar gemacht, welche auf Social Media und der inter­ak­tiven Webseite abrufbar sind. Das Sicht­bar­ma­chen von Team­grün­dungs­pro­zessen und Frau­en­vor­bil­dern antwortet auf die bisher einseitig männ­lich geprägte Grün­dungs­kultur und ‑förde­rung vieler Institutionen.

Welche Ansatz­punkte sind am sinn­vollsten, um das regio­nale Grün­dungs­ge­schehen zu beleben? 

Vernet­zungs­ver­an­stal­tungen auf Augen­höhe, inter­dis­zi­plinär und zielgruppenorientiert.

Inwie­fern hat die Pandemie das Grün­dungs­ge­schehen in Ihrer Region beeinflusst?

Die Virtua­li­sie­rung im Zuge der Pandemie hat geogra­fi­sche Distanzen hier im länd­li­chen Raum und die damit einher­ge­hende Pendel­zeit verrin­gert. Die Rate der Vernet­zungs­im­pulse hat sich durch kurz­wei­lige virtu­elle Veran­stal­tungen, wie sie neben der HfG z.B. auch die Wirt­schafts­för­de­rungs­ge­sell­schaft Ostwürt­tem­berg anbietet, erhöht. Durch virtu­elle Veran­stal­tungen ist Vernet­zung und Quali­fi­zie­rung nun sehr nieder­schwellig möglich.

Was muss Ihrer Meinung nach zukünftig passieren, damit die Grün­dungs­quoten in Deutsch­land steigen?

Bisher werden nur wachs­tums­ori­en­tierte Grün­dungen, welche kultu­rell von männ­lich heroi­schen Bezugs­rahmen bedingt sind, finan­ziell geför­dert. Es wird Zeit, nach­hal­tiges also auch rege­ne­ra­tives und repro­du­zie­rendes Wirt­schaften als gesell­schaft­lich exis­tenz­si­chernd zu verstehen und finan­ziell zu fördern.

Vielen Dank für die Einblicke!

Verfasst von: Dr. Natalia Gorynia-Pfeffer



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